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Forum News [Review] Shūgorō Yamamotos "Die Rache"
Am 12. November erschien die japanische Kurzgeschichte „Die Rache“ von Shūgorō Yamamoto beim cass Verlag. Das kleine Büchlein ist nicht nur für Fans der japanischen Literatur lesenswert, sondern auch für alle, die nach der stressigen Weihnachtszeit etwas zum Schmunzeln benötigen werden.



Inhalt
Der berühmte Schwertkämpfer Miyamoto Musashi wird von einem lebensmüden Koch aus dem Hinterhalt angegriffen und erschlägt diesen (selbstverständlich). Damit wird das Schicksal des jungen Iwata besiegelt. Iwata ist ein ziemlich schlechter Gauner und gerät bei der Beerdigung seines Vaters mit seinem Bruder aneinander. Aus Trotz verkündet er schließlich, dass er nun Bettler werde. In seinem Anfall von eher jugendlichem Leichtsinn vergisst er allerdings die alten Traditionen und was das Handwerk des Bettlers nun für ihn und alle anderen für einen Eindruck hinterlässt.

Stil
Der Leser steigt eher unvermittelt in die Geschichte ein, was bei vielen den Eindruck hinterlässt, dass es sich um eine typische Kurzgeschichte handelt. Wer im Unterricht immer brav aufgepasst hat, weiß, dass wir als Leser meistens wenig über die handelnden Charaktere erfahren, was in dieser wunderbaren Geschichte aber nicht der Fall ist. Wir erfahren viel über Iwata, über sein Leben und seine Liebschaften. In dieser Geschichte tritt er jedoch als Antiheld auf, ein Gauner, der sich selbst aber über den Tisch ziehen lässt, der schlecht im Glücksspiel ist und es nicht schafft, seine Liebschaften vor einander versteckt zu halten. Da wir so viel über ihn erfahren, bleibt uns das Nachdenken über die Vorgänge vor der Geschichte erspart. Trotz seiner Ecken und Kanten wirkt er wie ein sympathischer Ganove, der gerne ein besseres Leben hätte, aber dem es nicht gelingt aus seinem Teufelskreis auszubrechen. Um eine Vorstellung der Lokalitäten zu bekommen, erfahren wir auch, in welcher Epoche wir uns befinden. Für Iwata ist es das Jahr 1645 und wir befinden uns in der heutigen Präfektur Kumamoto, welche einst Higo genannt wurde. Für Freunde der japanischen Geschichte und der Samurai ist diese Erzählung ein Treffen auf alte Bekannte, denn viele der auftretenden Personen sind legendäre Schwertkämpfer – auch wenn uns nur ein kurzes Kennenlernen vergönnt ist. Das Ende ist untypisch für eine Kurzgeschichte, denn es bietet keine Pointe, sondern einen vollwertigen Abschluss der Geschichte. Ich lese wirklich sehr viel, aber mir ist kein westlicher Autor eingefallen, mit welchem der Schreibstil verglichen werden kann.

Illustrationen
Die Illustrationen stammen aus der Feder von Nagai Hideki. Anhand von vier schwarz/weiß Bildern erhalten wir einen Eindruck von einigen Charakteren und wie sie zur damaligen Zeit gekleidet waren. Wer sich viel mit Samurai beschäftigt und bereits einige Bücher sein Eigen nennt, ist garantiert schon über ähnliche Kunstwerke gestolpert.

Der Autor
Bisher bin ich in meinem Studium nur über eine Geschichte des Autors gestolpert, weil wir einen Auszug übersetzen mussten. Bekannt war er mir aber durch zwei japanische Filme, die ich bereits häufiger gesehen hatte: „Rotbart“ und „Sanjuro“. Beide Filme aus den 60ern basieren auf Texten von Shūgorō Yamamoto. Wer mehr über den Autor erfahren möchte, sollte nach der Geschichte, das Buch unbedingt bis zum Ende lesen!

Fazit
Was ich mir beim Rezensieren von Büchern, Anime oder Filmen angeeignet habe, ist die Strikte Verweigerung von Informationen vor dem Sichten. Auch bei diesem Buch war es die richtige Entscheidung. Es ist sehr kurzweilig geschrieben, hat keine Längen und der Autor besitzt die Gabe, auf den Punkt zu kommen. Er beschreibt nur das, was auch für die Geschichte notwendig ist. Beschreibt er die Natur oder die Orte, an welchen sich die Darsteller befinden, hat es meistens irgendeine Auswirkung auf die Handlung oder begründet diese. Wer „Herr der Ringe“ gelesen hat, wird sich an die ausschweifende Beschreibung der Natur erinnern, was manchen als zu detailreich erschien und der ein oder andere möglicherweise auch übersprungen hat. Bei „Die Rache“ gibt es diese Seiten nicht. Jede Seite ist interessant und wichtig für den weiteren Handlungsverlauf. Zusätzlich zur gekonnten Erzählweise bietet das Buch auch viel Humor und ist an einigen Stellen ungeahnt komisch. Die Gesamtsituation, in welche Iwata hineingestoßen wird, ist so absurd, wie es das Leben nur sein kann. Eine Lieblingslektüre aus meiner Schulzeit war „Aus dem Leben eines Taugenichts“ und „Die Rache“ hat mich ein wenig an den Verlauf dieser Geschichte erinnert. Wer das Buch weiter interpretieren möchte, kann mit einem Zitat von Simon Dach beginnen: „Geduld, Vernunft und Zeit macht möglich die Unmöglichkeit“. Für mich ist dieses Buch ein kleiner Schatz und ich werde es auch für einige Bücherfreunde bestellen und verschenken. Das gebundene Buch mit 63 Seiten ist für 20€ erhältlich und gehört in jede Samurai-Sammlung. Ich habe einem Kommilitonen bereits von diesem Buch berichtet und ihn eine Stelle zitiert, die wir bereits fleißig als Witz in unsere Gespräche integriert haben: „Niedrig denkt niedrig“. Auf den Punkt gebracht: Witzig, spannend und (wer sich vom Klappentext nicht spoilern lässt) überraschend!

Fünf von fünf Sternen!


Die Rache
Preis: 20,- Euro
Autor: Shugoro Yamamoto | Aus dem Japanischen und mit einem Nachwort von Katja Cassing
Buch (Gebunden | Halbleinen): 64 Seiten + 4 Illustrationen von Hideki Nagai
Verlag: cass Verlag (November 2018)
Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3-944751-18-4

Wir danken dem cass Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplar!

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